Darmsanierung beim Pferd
- Jessica Scherer

- 28. Okt.
- 4 Min. Lesezeit
Wenn wir über das Thema „Darm“ beim Pferd sprechen, dann wird das eigentlich ein extrem weitreichendes Thema. Die möglichen Probleme können so vielfältig sein, dass man ein komplettes Buch darüber schreiben könnte. Dysbiosen im Darmmikrobiom, akute oder chronische Darmschleimhautentzündungen, Leaky Gut, Probleme in der Nährstoffaufnahme, Allergieauslöser und so weiter. In diesem Kurzbeitrag wollen wir die wichtigsten Grundlagen und mögliche Unterstützungen ansprechen.
Wenn über eine Darmsanierung gesprochen wird, dann ist das Ziel meistens ein gesundes Darmmikrobiom aufzubauen oder zu vermehren und unerwünschte Keime zu verdrängen. Da hören sich viele Produkte am Markt auch so schön einfach an. Erst den Darm reinigen, dann das neue Darmmikrobiom mit ein paar Prä- und Probiotika wieder aufbauen. Es wäre toll, wenn es so wäre…
Wie immer ist die beste Darmsanierung eine möglichst natürliche Fütterung. Qualitativ hochwertiges Raufutter, ein reichhaltiger Speiseplan mit vielen sekundären Pflanzenstoffen, eine Ration, die optimal in den dafür vorgesehenen Darmbereichen aufgenommen werden und keine synthetischen Zusätze, die dem Darmmikrobiom schaden können. Nehmen wir uns mal ein paar Beispiele heraus:
Heu oder Stroh, welches mit Mikroorganismen (Schimmelpilze, Hefen, etc.) belastet sind, kann dazu führen, dass sich diese unerwünschten Keime im Darm ansiedeln und die wichtigen und gesunden Darmbewohner schädigen oder verdrängen.
Gleiches gilt für das Thema Wasser. Auch hier kann es zu mikrobiologischen Belastungen kommen. Besonders beim Auffangen von Regenwasser oder beim Einsatz von Brunnenwasser macht spätestens dann eine Untersuchung Sinn, wenn euer Pferd unerklärlich wiederkehrende Probleme im Darm hat.
Eine Fütterung von zu wenig Raufutter mit zu langen Fresspausen schädigt nicht nur den Magen, sondern auch den Darm. Die mikrobielle Verdauung von Rohfaser im Dickdarm produziert neben vielen anderen Nährstoffen auch die kurzkettigen Fettsäuren, die als Nahrungsgrundlage für gesunde Darmschleimhäute dienen. Fehlen diese, können Darmschleimhautentzündungen eine Folge sein.
Übermäßige oder falsche Fütterung von stärkehaltigen Futtermitteln ist heute immer noch ein großes Thema. Die enzymatische Verdauung von Stärke ist bei Pferden stark durch das Enzym Amylase limitiert. Stärke hat auch immer eine sehr unterschiedliche Verdaulichkeit. So kann Hafer vom Pferd deutlich besser aufgeschlossen werden als Gerste oder gar Mais. Wenn in einer Portion zu viel Stärke in die Verdauung gelangt und nicht enzymatisch im Dünndarm aufgeschlossen werden kann, so gelangt die restliche Stärke in den Dickdarm. Hier ernähren sich überwiegend Milchsäurebakterien von dieser Stärke und können die wichtigen rohfaserverdauenden Mikroorganismen verdrängen.
Eine stark pektinreiche Fütterung (zum Beispiel unmelassierte Zuckerrübenschnitzel, viel Saftfutter wie Möhren, rote Beet und Co.) können Mikroorganismen im Darm füttern und vermehren, die ein saures Milieu bevorzugen und so den PH-Wert negativ beeinflussen können.
Ernährungsphysiologische Zusatzstoffe sind heute in einer großen Bandbreite an Futtermitteln zu finden. Selbst in Leckerlies werden Vitamine und Mineralstoffe reichhaltig zugesetzt. Und kaum ein Pferdebesitzer überblickt, wie viel am Ende dann eigentlich ins Pferd gelangt. Solche Zusätze, die nicht an der richtigen Stelle in der Verdauung aufgenommen werden können, weil sie einfach überdosiert oder in der „falschen“ Form vorliegend sind, gelangen ebenfalls in den Dickdarm. Auch sie können hier teils starke negative Auswirkungen auf das Darmmikrobiom haben.
Das sind wie gesagt nur ein paar Beispiele für die wichtigsten Fehler in der Fütterung, die einem starken und gesunden Darmmikrobiom im Wege stehen und so Probleme in der Verdauung oder in den Darmschleimhäuten auslösen können. Wer hier mehr wissen möchte und sich tiefer mit dem Thema mikrobiomfreundlicher Fütterung auseinander setzten möchte, dem können wir von Herzen den Online-Kurs von Michelle Dargatz von Equiflora empfehlen: Online-Kurs | Equiflora
Auch ein vernünftiges Endoparasitenmanagement hängt unmittelbar mit der Darmgesundheit zusammen. Das muss nicht immer die zeitgemäße, selektive Entwurmung sein. Sollte aber auch auf keinen Fall der „parasitologische Supergau“ mit zwei Entwurmungen im Jahr sein. Wer hier noch mehr Wissen erlangen möchte, dem empfehle ich die Aufzeichnung unseres kostenlosen Abends mit Nana Keck dazu: Endoparasitenmanagement beim Pferd
Genauso weitreichend wie die Auslöser sind natürlich auch die Symptome für Probleme im Darm. Das beginnt bei klassischen Problemen wie Blähungen, Blähbauch, Kotwasser und Durchfall bis hin zu Koliken, Nährstoffmangel und Abmagerung. Aber auch eine starke Allergiethematik wie Sommerekzem, COB und Co können mit der Darmgesundheit zusammenhängen. Natürlich sind auch Verhaltensauffälligkeiten wie Unmut oder Aggression bei Berührungen im Bereich Buch und Flanke, Rittigkeitsprobleme und fehlende Losgelassenheit oder Absondern von der Herde mögliche Hinweise.
Und ja, wir sind immer noch bei unserer Rubrik „Auf den Punkt gebracht“. Aber dieses Vorwissen ist für uns das absolute Basiswissen, dass wir euch mit auf den Weg geben wollen, bevor ihr über das Thema Darmsanierung nachdenken solltet. Hier nun aber unsere Empfehlungen, mit denen ihr euer Pferd bei Auffälligkeiten unterstützen könnt, wenn ihr die Auslöser abgestellt habt oder manches gerade vielleicht auch nicht sofort ändern könnt.
EquiGreen Prebiotic NP, cdVet: Gummi Arabicum, Koriandersaat, Weizenkeime und mehr wirken präbiotisch auf das Darmmikrobiom und fördern die Produktion von kurzkettigen Fettsäuren. Torf, Leinkuchen und Bentonit schützen und regenerieren geschädigte Darmschleimhäute.
BiomeSupport, Natural Equibalance: verkapseltes (und damit für den Magen unschädliches) Butyrat wirkt postbiotisch auf gereizte und entzündete Darmschleimhäute.
LactoDown, Natural Equibalance: Algenkalk, Dolomit und Luzerne wirken basisch und stabilisieren den PH-Wert im Darm, Löwenzahn, Schafgarbe, Thymian und mehr liefern sekundäre Pflanzenstoffe, die Milchsäurebakterien hemmen.
Eustobene, succi recentis officinalis: flüssiger Auszug aus Süßholz und Ringelblume, der entzündungshemmend, beruhigend und regenerierend auf gereizte Darmschleimhäute wirkt.
Ostpreußen Kräuter, PerNaturam: Gerb- und bitterstoffreiche Kräutermischung, die die Sekretion der gesunden Verdauungssäfte anregt und präbiotisch auf das gesunde Darmmikrobiom wirkt.
Die hier im Text genannten Produkte empfehlen wir aus Überzeugung, weil wir sie bei unseren eigenen Pferden und in der Beratung oft erfolgreich eingesetzt haben. Sie haben uns in der Praxis überzeugt. Trotzdem ersetzt dieser Text keine tierärztliche Betreuung und ggf. den Einsatz von Medikamenten. Besonders wenn der Allgemeinzustand deines Pferdes sich bereits verschlechtert hat, sollte immer eine umfassende Diagnostik und ggf. Therapie am Beginn stehen. Die aufgeführten Produkte können teilweise parallel eingesetzt werden oder im Anschluss weiter unterstützten.
Wir haben uns bewusst gegen die Empfehlung eines probiotischen Darmprodukts entschieden. Die derzeit zugelassenen Probiotika für das Pferd sind meist im Bereich Milchsäurebakterien und Lebendhefen anzusiedeln. Beides brauchen wir eigentlich nicht im gesunden Darmmikrobiom. In manchen Fällen kann so etwas Sinn machen, jedoch empfehlen wir hier mit einem erfahrenden Ernährungsberater oder Therapeuten zusammen zu arbeiten, um am Ende nicht mehr Probleme zu haben als zuvor.
Wenn du mehr über das Thema erfahren möchtest und umfangreiche Informationen über Symptome, Ursachen, Fütterung und Behandlung erfahren möchtest, dann empfehlen wir dir unseren zweistündigen Themenkurs
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