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Heu ad libitum oder Raufutter rund um die Uhr.

Immer wieder lesen wir die Aussage, dass dauerhafter Zugang Raufutter für viele Pferde nicht funktionieren würde, weil sie dann zu sehr zunehmen. Geht man dann etwas tiefer ins Gespräch, dann kommen immer wieder die gleichen limitierenden Faktoren heraus. Deswegen wollen wir heute mal darüber sprechen, wie es vielleicht doch klappen kann.



1.      Der Faktor Heu: Oft fragen wir bei bereits gescheiterten Versuchen nach, ob es eine Heuanalyse gab. Das ist in den seltensten Fällen so. Ein wichtiger Faktor für das Gelingen eines dauerhaften Zugangs zu Raufutter ist aber nun mal, dass wir geeignetes Pferdeheu haben. Zucker-, Fruktan-, Protein- und Rohfasergehalt sind die Mindestanforderungen, die ihr vom Heu kennen solltet. Denn habt ihr ein extrem proteinarmes Heu, dann fressen eure Pferde vielleicht deutlich mehr davon und nehmen dadurch zu. Ist der Zuckergehalt zu hoch, gelangt zu viel Energie ins Pferd. Ist der Rohfaseranteil sehr gering, kann auch die Sättigungsgrenze deutlich später erreicht werden. All dem kann man entgegen steuern, wenn man es weiß. Ausnahme ist sicherlich ein Heu mit exorbitanten Zuckerwerten. Das ist dann halt einfach kein geeignetes Pferdeheu. Übrigens auch nicht in der rationierten Fütterung. Da seht ihr die Folgen nur nicht so schnell…



2.      Der Faktor Haltung: Für viele bedeutet Raufutterzugang rund um die Uhr, dass ein Rundballen in eine Vierseitenraufe inmitten eines Paddocks gestellt wird. Die Pferde stehen dann den ganzen Tag um diese Raufe herum und bewegen sich eigentlich kaum noch. Mit viel Glück liegen Wasser und Liegebereiche noch etwas entfernt, sodass zumindest ein paar Schritte zusammenkommen. Das klappt bei schwerfuttrigen Pferden oft noch ganz gut, aber die Nordpferdetypen kommen meist nicht mal engmaschigen Heunetzten gut damit klar. Besser wäre es, wenn verschiedene Futterplätze angeboten werden. So müssen die Pferde von Platz zu Platz wandern und werden sicherlich auch mal von anderen Pferden vertrieben. Dabei ist es nicht unbedingt notwendig, dass alle Fressplätze eine gemütliche Position für das Pferd bieten. Heunetzte an Bäumen oder Fressstationen mit Heunetztaschen an zwei Pfosten dürfen durchaus auch mal das unbequeme und anstrengende Fressen fördern. Bei uns gibt es eine Mischung aus „bequemen“ Heukisten und anspruchsvolleren Netzen zum Beispiel am Hang oder in unseren kleinen Fressecken.  



3.      Der Faktor Training: Seien wir mal ehrlich, die meisten Pferde machen sich in ihrem täglichen Leben nicht kaputt. In meinen Beratungen haben ich einen Bruchteil von Pferden, die über den Erhaltungsbedarf hinauskommen. Dafür werden sie aber mehr als ausreichend mit Zusatzfutter versorgt. Wenn man also auf einen dauerhaften Zugang zu Raufutter umstellen möchte, dann muss man sich ehrlich die Karten legen. Wie viel Heu darf euer Pferd fressen, damit der Bedarf gedeckt ist und mit wie viel anderen Komponenten müsst ihr vielleicht strecken, um den Zugang trotzdem zu ermöglichen. Oder auch: Kann ich meinen inneren Schweinehund doch öfter überwinden und auch bei Wind, Regen, starker Sonneneinstrahlung und Co mehr mit meinem Pferd arbeiten. Und ich meine dabei wirklich arbeiten und nicht eine Stunde klönenderweise mit der Stallfreundin durchs Gelände zu schreiten. Oder auf dem Reitplatzmehr Videos für die Follower zu drehen, als wirklich konzentriert und fokussiert eine echte Arbeitseinheit für den geliebten Vierbeiner zu gestalten. Ja, das ist böse überspitzt formuliert, aber wir sehen so oft wie viel Zeit Pferdemenschen auf der Stallgasse liegen lassen, weil die zwischenmenschliche Komponente ja nicht zu kurz kommen darf. Leider tut es dann aber oft das Pferd…



4.      Der Zeitfaktor: Wer nur auf eine dauerhaften Zugang zu Raufutter umstellen möchte, weil er sich damit das Leben leichter machen will, den müssen wir leider enttäuschen. Wer bis hier gelesen hat, der wird sich auch schon denken können, warum. Natürlich ist es extrem zeitsparen, wenn einfach nur alle paar Tage ein Heuballen in die Raufe gestellt wird. Das Thema hatten wir aber schon. Wenn ihr aber den Ehrgeiz habt euren Pferden Bewegungsanreize zu schaffen, verschiedene Fressplätze zu befüllen, Heunetze und andere Slowfeeder zu nutzen. Heu mit Stroh zu mischen und sogar noch Knabberäste zum Überbrücken der Heupausen anzubieten, dann kostet das Zeit. Und das nicht zu knapp. Wir haben hier 12 Fressplätze für 4 Pferde. Die müssen nicht nur befüllt, sondern auch regelmäßig gereinigt werden. Herausgefallenes Heu zusammen gerecht, das restliche Heu am Boden heurausgenommen werden und die Heunetzte müssen regelmäßig gewaschen werden. Allein das tägliche Befüllen mit allem drumherum (Heu mit HeuProtect einsprühen, Heunetzte stopfen, Säcke für die Heukisten vorpacken und verteilen) dauert hier etwa eine halbe Stunde. Noch ohne jeden eingesammelten Äppel oder gefegten und gerechten Bereich. Das muss man wollen, aber es sorgt eben dafür, dass eure Pferde sich von Platz zu Platz bewegen.



5.      Der Faktor Mensch: Und ja, damit bist jetzt du gemeint. All das, was wir bis hier beschrieben haben, das muss man wollen. Und zwar für die Gesundheit und das Wohlbefinden seines Pferdes. Denn wenn du keinen eigenen Stall hast, dann wird so ein Ansatz für dich wahrscheinlich zunächst Gespräche mit dem Stallbesitzer bedeuten. Vielleicht auch mit anderen Pferdemenschen, mit denen dein Pferd zusammensteht. Du musst bereit sein sie zu überzeugen und für deinen Wunsch einzustehen. Und du musst bereit sein dich weiterzubilden. Du solltest eine Heuanalyse verstehen können und wissen, wie du dazu passend eine Ration ergänzt. Du solltest bereit sein „mit den Augen zu klauen“. Lass dich inspirieren. Übrigens: Entgegen der langläufigen Meinung müssen solche Konzepte überhaupt nicht teuer sein. Man kann so viele Dinge einfach selber und kostengünstig gestalten. Es gibt dazu etliche Gruppen in den sozialen Medien. Viele Pferdemenschen stellen ihre Konzepte vor. Und natürlich könnt ihr dazu auch Bücher, Online-Kurse oder Leitfäden erwerben.



Jetzt fragt ihr euch sicherlich, warum ihr euch all das antun sollt. Dann gibt es halt einfach wieder wie früher morgens und abends eine Portion Heu und dann sind die Pferde auch schlank. Oder es gibt halt den Futterautomaten, wo die Pferde am Tag insgesamt dann auf 120 Minuten Fresszeit kommen. Aber die Fresspausen sind ja nie länger als 4 Stunden und dann passt das ja, sagt die Frau Futterberaterin. Was in den Diskussionen zu diesem Thema übrigens besonders spannend ist: Fast alle Pferde, bei denen es nicht mit dem dauerhaften Zugang zu Raufutter geklappt hat, da ist es total selbstverständlich, dass die im Sommer 24/7 auf der Wiese stehen. Oder zumindest tagsüber. Denn das macht man doch nun mal so. Und wenn sie auf der Wiese stehen, dann muss man auch kein Heu bezahlen, die Box misten oder Heunetze stopfen. Dann ist es auch nicht so schlimm, wenn wieder der Sommersattelgurt rausgekramt werden muss. Das sind dann die Pferde, die im Oktober aufgestallt werden um im November festgestellt wird, dass das mit dem dauerhaften Heu einfach nicht klappt. Ja, das war böse stichelnd, aber das ist leider die Realität in den Gesprächen über das Thema.


Warum sollt ihr euch also die ganzen Gedanken um all diese Faktoren hier machen? Weil es das Beste für euer Pferd ist! Pferde sind Dauerfuttersucher und sollten immer Zugang zu Raufutter haben. Es macht sie physisch und psychisch gesund, wenn sie dieses Bedürfnis befriedigen können. Und genau das ist es: Ein natürliches Bedürfnis, auf das sich ihre Verdauung in Jahrtausenden der Evolution angepasst hat. Auch wenn es ein Sportpferd ist, es hat immer noch die gleichen Ansprüche an seine Fütterung. Und es kann auch einfach richtig viel Spaß machen sich damit zu beschäftigen und dabei zuzusehen, wie es dem Pferd immer besser geht, wie es immer ausgeglichener wird und wie es euch dadurch vielleicht auch ganz viel von dem zurückgibt, was ihr investiert habt!


Und bevor jetzt alle schreien: Raufutter heißt nicht gleich Wiesenheu, sondern auch Stroh, Grassamenheu, Timothee-Heu, Äste, Blätter und so weiter. Wenn ihr Inspiration braucht, dann schaut mal in die Short & Simples von Linda vom Grindstone Paddocktrail: https://grindstone.tentary.com

 

 

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